Gedanken zum Totensonntag

König Friedrich Wilhelm III. von Preußen führte  das „allgemeinen Kirchenfest zur Erinnerung an die Verstorbenen“ – den Totensonntag ein. Er wollte damit der vielen Gefallenen der Befreiungskriege 1813 und der 1810 verstorbenen Königin Luise gedenken. Die christlichen Kirchen haben sich diesen Tag später als ihre Errungenschaft gekrallt.

Am morgigen Totensonntag sind sich wieder alle Hirntote und Schleimbeutel äh unsere lieben Politiker einig und posaunen jerichomäßig: Wir gedenken vor allem an bla bla bla – nie wieder Krieg….. Dabei sind sie die größten korrupten Waffenschieber. Natürlich nur um den Frieden in der Welt zu sichern. Die Pfaffen schwurbeln fast noch weniger Geistreiches als Spießgesellen dieser Waffenschieber. Das nur am Rande.

Wie Verstorbene abgeholt werden, hatte ich während meines Berufslebens erfahren müssen. Mir graust heute noch ob dieser Erfahrung, wie mit den Menschen an ihrem Ende umgegangen wird. Für den Neubau einer Verwesungsanwärteranstalt äh ein Alten- und Pflegeheim war ich als verantwortlicher Bauleiter tätig. Ich dachte, naiv wie ich war, ich könnte wenigstens architektonisch etwas zur letzten Würde der Verstorbenen beitragen. Über dem viergeschossigen Neubau im Dachgeschoß wollte ich ein Sterbezimmer einrichten, das lichtdurchflutet und hell den Angehörigen den Abschied erleichtern soll. Die Alten werden unmittelbar nach ihrem Tod aus den Pflegezimmern entfernt um neue Mieter einzuquartieren. Die monetäre Verwertungskette des Humankapitals darf natürlich nicht abbrechen. Das wollte ich nicht akzeptieren.

Also trug ich dem katholischen Betreiber Caritas mein Anliegen an. Im 300 qm großen Dachgeschoß mit hellen lichtdurchflutenden Fenstern, das der Dorfpfaffe für sich als Andachtsraum beanspruchte, wollte der  so was nicht sehen. Es ist schließlich ein Andachts- und Gebetsraum für die Lebenden. Immerhin hatte ich es geschafft, den Raum auch als allgemeine Begegnungsstätte für die Bewohner, Angehörige und Freunde zu  gestalten. Für 15 qm Sterbezimmer wurde kein Platz genehmigt. Die Sterbenden wurden bis zum letzten Atemzug möglichst anonym in ihren Zimmern gehalten und dann diskret entsorgt um keine Unruhe im Stall zu erzeugen.

Dazu wurde ein Leichenraum in der Tiefgarage direkt neben dem Müllraum entsprechend den Hygienevorschriften einer Metzgerei eigerichtet. Weiße Fliesen auf dem Boden und der Wand in diesem Dunkelraum. Außer Handwaschbecken mit Desinfektionsmittel nix drin. Hatte fast vergessen, es war doch noch was drin: ein billiges Holzkreuz, das Dachlatten aus dem Baumarkt ähnelt. Nicht einmal den großen Meister vor zweitausend Jahren hat man da drauf genagelt. Das vielleicht als gutes Zeichen für den Untergang dieser Pfaffenkultur.

Die für mich dubiose Behörde der Heimaufsicht und das Veterinäramt!!! bestanden darauf. Die Leichen werden möglichst nachts wenn alle schlafen, direkt in den Leichenraum über den Aufzug in diese Entsorgungsstätte  gekarrt. Die Angehörigen möglichst erst danach informiert um kein Aufsehen im Heim zu erzeugen. Keine Chance des Abschieds im letzten Refugios.

Das Entsorgungsunternehmen, für mich Abdecker genannt, fuhr ebenso vornehmlich nachts in die Tiefgarage und holte den Abfall zur weiteren monetären Verwertung ab. Es gab sogar Diskussionen darüber, ob die Leichenbestatter besser Handwerkertransporter als Leichenwagen nutzen sollten.  So viel zur heutigen Kultur des Lebens und Sterbens in der modernen Gesellschaft. Geld Geld Geld.

Die Sterbekultur und der Tod ist zur lästigen Plage mutiert und hat nichts in unserem Leben zu suchen. Außer bei denen, die daraus Kapital schlagen können – ein Teil des ‚Bruttosozialprodukts‘.
Die alten Rituale, z. Bp. das Fenster öffnen, damit die Seele des Verstorbenen freie Fahrt hat, sind kaum noch möglich. Gestorben wird heute hauptsächlich in monetär orientierten Einrichtungen wie Pflegeheimen und Krankenhäusern.  Die gewinnorientierte Medizintechnik macht sogar durch widerliche Lebensverlängerungsmaßnamen einen natürlichen Tod oft unmöglich. Dafür sorgen nicht zuletzt die perfiden Gesetze, die einen Arzt bestrafen, wenn er nicht alles tut um das Leben zu verlängern.

Ein lesenswerter Artikel zum Thema hier. https://www.faz.net/aktuell/stil/leib-seele/gedanken-zum-totensonntag-2017-15308133.html?printPagedArticle=true#pageIndex_4

Im Friedhof brennen sich die Lämpchen zu Tode.
Durch das Gebüsch geistert die Treibjagd.
Auf einmal hörst du aus dem Nebel heraus den Totenvogel.
Nein, jetzt noch nicht…

(Josef Motschmann)

Laßt uns diesen Tag in Memoriam an Ludwig Hirsch beenden. Er wurde Opfer der Medizintechnik und fand keinen anderen Ausweg, der Krake monetäre Abschlußverwertung zu entkommen als sich im Spital aus dem Fenster zu stürzen. Wenigstens dieses Sterbefenster war offen. Schöne neue Welt.