Scan&go wird bereits in der Testphase eingestampft, weil zuviel gestohlen wird. Aldi hat Scan&go bereits wieder beendet bevor es das kleine Arschloch diese kostenlose Einkaufsquelle als Volkssport entdeckt. Ich sehe das etwas anders. Die Totalüberwachung mittels Überwachungskameras nach chinesischem Vorbild ist bei uns noch nicht weit genug um jeden ‚Mundraub‘ zu ahnden. Sobald diese installiert sind wird jede Bewegung überwacht und niemand wird mehr unbestraft auch nur eine Brezel am Scanner vorbeischleusen. Smart City läßt grüßen. Scan&go ist nur ein klitzekleiner Meilenstein zum Weichkochen des kleinen Arschlochs zum Bioroboter. Demnächst mehr zum Thema Smart City.
[…6. Post-voting society Da wir genau wissen, was Leute tun und möchten, gibt es weniger Bedarf an Wahlen, Mehr-heitsfindungen oder Abstimmungen. Verhaltens-bezogene Daten können Demokratie als das gesellschaftliche Feedbacksystem ersetzen.]
Nach dem Klimawandel spielt auch noch der Kalender verrückt. Seit den Aufzeichnungen der Kalendertage mit Beginn der Corona-Pandemie und dem Russeneinmarsch in die Kokaine äähhh Ukraine verlängert sich der Februar um Lebens- und Geldbeutelbedrohendes jedes Jahr um einen Tag. Bis 2030 verlängert sich der Februar auf 35 Tage, so der Furzsitzende des Protzdamm-Instituts für Klimakterium. Die Grünen begrüßen dies, jubeln und fordern eine Mehrarbeit ohne Lohnausgleich zur Finanzierung der Ukraine. Sollte es so weitergehen, so können wir die Monate März bis Dezember streichen. Der Februar hat dann alle Werktätigen in der Kralle. Diese werden einfach dem Februar zugeschlagen.
Ein ganzes Jahr arbeiten zum Lohn eines Monats sollte für jeden klardenkenden Bürgen .. Bürgenden, Bürger_Innen oder so zur Pflicht werden um den Kalenderwandel aufzuhalten und vor allem: den Kampf gegen Räächds stärken.
Da bleibt nur noch Tauben vergiften um — ja, um was?:
Schatz, das Wetter ist wunderschön Da leid ich’s net länger zuhaus Heute muss man ins Grüne geh’n In den bunten Frühling hinaus Jeder Bursch und sein Mäderl Mit einem Fresspaketerl Sitzen heute im grünen Klee Schatz, ich hab eine Idee
Schau, die Sonne ist warm und die Lüfte sind lau Geh ma Tauben vergiften im Park Die Bäume sind grün und der Himmel ist blau Geh ma Tauben vergiften im Park Wir sitzen zusamm’n in der Laube Und a jeder vergiftet a Taube Der Frühling, der dringt bis ins innerste Mark Beim Tauben vergiften im Park
Schatz, geh, bring das Arsen gschwind her Das tut sich am besten bewähr’n Streu’s auf a Grahambrot kreuz über quer Und nimm’s Scherzel, des fressen’s so gern Erst verjag’mer die Spatzen Denn die tun an‘ olles verpatzen So a Spatz ist zu gschwind, der frisst’s Gift auf im Nu Und das oarme Tauberl schaut zu
Ja, der Frühling, der Frühling, der Frühling ist hier Geh ma Tauben vergiften im Park Kann’s geben im Leben ein größres Plaisir Ois des Tauben vergiften im Park
Der Hansl geht gern mit der Mali Denn die Mali, die zahlt’s Zyankali Die Herzen sind schwach und die Liebe ist stark Beim Tauben vergiften im Park Nimm für uns was zu naschen In der anderen Taschen Geh ma Tauben vergiften im Park
„Das ganze Geheimnis des Lebens läuft darauf hinaus, daß es keinerlei Sinn hat; daß aber jeder von uns dennoch einen ausfindig macht!“
„Im Grunde sind alle Ideen falsch und absurd. Es bleiben nur die Menschen, so wie sie sind.“
„In jedem Menschen schlummert ein Prophet: erwacht er, so gibt es ein klein wenig mehr des Übels in der Welt.“ (Emil Cioran: Gedankendämmerung, Lehre vom Zerfall)
Den Sinn des Seins finden zu wollen, ist des Sinnes Todesgedanke. Er treibt den Menschen in den Wahnsinn der Sklaverei – der Götteranbetung – ausnahmslos. Jeder Versuch, einen Sinn zu finden, endet in einer Bedingung, die allemal Fremdorientierung voraussetzt. Somit ist der Glaube, ihn in meiner Freiheit als Individuum zu finden absurd. Auch im Rudelverhalten der reinen Anarchie, der ich einige Zeit etwas abgewinnen konnte, geht in die Irre. Wenn Leben einen Sinn haben sollte, dann nur aus sich selbst Schöpfendes. Es braucht nichts von außen um zu existieren. Reine Liebe, wie sie oft als Sinn postuliert wird, ist der Klebstoff der Idiotie. Es gibt sie nur aus der Verzweiflung der Aussichtslosigkeit. Sie ist die Abhängigkeit und somit durch uns Idioten selbst fremdbestimmt, die wir durch Zirkelbezüge frei sein wollen und klammern uns an eine fiktive Wirklichkeit des Seins, die im Wahnsinn des Glaubens endet.
Selbst der Schöpfer hat es nicht geschafft, seinen Sinn des Lebens zu finden. Warum wohl hat er das Universum und den Menschen geschaffen? Aus Langeweile, oder weil er vom Nachteil seiner Geburt noch nichts wußte? Sollte er noch nicht genug haben von seiner Tristesse seiner Sinnlosigkeit, so kann er sicher seinen Sinn als Politiker hier auf Erden finden oder in der RTL-Show ‚Holt mich da raus‘. Entweder Habe ich gar nix kapiert über den Sinn des Lebens – des Daseins oder alles. Die Welt wie sie ist, vom Schöpfer kreiert, wird sich weiterhin nur zwischen Krieg und Nichtkrieg (keine Friedenszeit) bewegen. Gott ist längst aus Gram seiner nicht bedachten unvollkommenen Geburt gestorben. Wenn er wirklich Gott war, dann hat etwas richtig gemacht. Erkannt, daß er Scheiße gebaut hat und sich vom Dannen gemacht. Sein Erbe tragen wir in alle Ewigkeit.
Es sind die unerwarteten Begegnungen zwischen Menschen, die das Leben lebenswert machen und Hoffnung geben. Becauds zeitlose lyrische Interpretation zeigt was wirklich zählt im Leben – die idiotische Politik beiseite lassen und zu Grabe tragen.
Schluß nun mit dem nüchternen Ton und der Oktober-Revolution. Das war für uns sonstwohin. Schluß mit dem Grabmal von Lenin, dem Kakao im Kaffee Puschkin. Das, das war längst dahin.
Nathalie
Der Rote Platz war ganz leer. Vor mir ging sie her, Nathalie. Einen schönen Namen hatte mein Führer, Nathalie. Der Rote Platz war ganz weiß, Ein Teppich aus Schnee und aus Eis. Trotz Kälte folgte ich ihr am Sonntag, Nathalie.
Sie sprach in ganz nüchternem Ton von der Oktober-Revolution. Und ich träumte schon, daß wir nach dem Grabmal von Lenin schlürfen würden im Kaffee Puschkin, einen Kakao.
Der Rote Platz war ganz leer. Ich nahm ihren Arm her, sie hat gelacht. Eine blonde Haarpracht hatte mein Führer Nathalie, Nathalie.
In ihrem Raum in der Universität, wartet mit Kuriosität die halbe Fakultät. Es ward gelacht, und alles dann erzählt von der westlichen Welt. Nathalie hat übersetzt. Moskau, die Täler der Ukraine, und die Champs-Elysées. All das in einem Lied, ohne Unterschied. Dann ward eine Schampus-Flasch aus Frankreich aufgemacht, und getanzt die halbe Nacht und laut gelacht.
Als dann ihr Raum endlich leer war, und jeder Freund gegangen war, blieb ich ganz allein mit meinem Führer, Nathalie. Schluß nun mit dem nüchternen Ton und der Oktober-Revolution. Das war für uns sonstwohin. Schluß mit dem Grabmal von Lenin, dem Kakao im Kaffee Puschkin. Das, das war längst dahin.
So leer scheint mir nun mein Leben. Doch ich weiß, als Führer in Paris wird sie mich eines Tags erleben, Nathalie, Nathalie …
Die moderne Arbeitswut- und Zeitverknappungsgesellschaft muß das Faulenzen von Grund auf ablehnen, ächten und verurteilen um den Turbokapitalismus nicht zu gefährden. Politiker, Ökonomen und Erzieher und sonstige Weltverschlechterer, Betriebs- und Volkswirtschaftler, Lehrer und Professoren müssen und wollen zum Arbeiten und zur Nützlichkeit, zur Effektivität und zur Effizienz, zur Geschwindigkeit und zur Beschleunigung motivieren, um ihre gutbezahlten Rollen zu erfüllen und die lineare Kultur des Westens voranzubringen. Besonders hervorzuheben sind die Priester, die seit mindestens vier Äonen das Faulenzen und den Müßiggang verteufeln (Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot verdienen.) Die niedere, abhängige Tätigkeit wird zu einem guten, tugendhaften Leben für den Pöbel erhoben.
[…„travail“, französisch: Arbeit, kommt vom Lateinischen: quälen, pfählen! Oder hier, germanisch: „Arba“, das hieß Knecht oder auch: „arbejo“: Ich bin ein verwaistes und darum zu harter Arbeit verdingtes Kind. …] (DLF)
Der größte Schachzug um den Pöbel auch die unsinnigste Maloche schmackhaft zu machen gelang Marx und Engels. Sie führten den Arbeitern ihre vermeintliche Macht in der Masse vor Augen und gaben ihnen Selbstbewußtsein, nicht zuletzt durch Betriebsräte und Mitarbeiterbeteiligung. Die Arbeiterbewegung zirkelte sich dadurch selbst in eine Art Heroismus, der Voraussetzung war für das Ertragen ihres prekären Daseins und heute in dieser Urform am zerfallen ist. Das Arbeiten ist heute zum reinen, oft sinnlosen ‚Broterwerb‘ degradiert, wie von Luther angedacht und forciert. Die Menschen – zumindest in der westlichen Welt spüren heute daß etwas schief läuft in ihrem Leben. Vor allem lehnen immer öfter die Millennials / Generation Y die Vollbeschäftigung und Fremdbestimmung ab – zugunsten des ‚gesunden Egoismus‘.
Es wundert daher nicht daß die Umsätze der Unterhaltungs- und Medienbranche weltweit im letzten Jahr 2.427 Mrd. $ (statista) betrugen um den Pöbel von seiner Tristesse abzulenken und den gesunden Egoismus im Keim zu ersticken. Sehr viele Dienstleister und ehemals stolze Beamte sind hier einzureihen und spüren inzwischen ebenfalls ihr sinnloses Handeln zum reinen Broterwerb und flüchten sich in das Metaversum der Unterhaltung (sich selbst unten halten).
Der gesunde Egoismus gepaart mit einer kreativen Faulheit, aus der sich neues Lebenswertes entwickeln kann ist vonnöten. Richard Utz mit der Einladung zum Untauglichsein beäugt dieses Thema ausführlich im folgenden Aufsatz. Die einzige Gegenbewegung, die diesen Trend früh erkannte und aufhalten wollte war die Anarchie. (s. Der Anarchismus und seine wirkliche Bedeutung)
Sie wurde bald übel unterwandert. Die Kommunisten erhoben den absurden Führungsanspruch über den Anarchismus unter Vorsitz von Karl Marx, der in die kollektive Versklavung führt. Der Anarchismus mag noch über lange Zeit ein Traum bleiben. Als Blaupause zur Überwindung des Staatsmonopolkapitalismus, in den wir hineingepreßt werden mit der übelsten Versklavung kann er jedoch dienlich sein.
Noch ein Schmankerl von Max Stirner Der Einzige und sein Eigentum – Ich hab‘ Mein‘ Sach‘ auf Nichts gestellt
Was soll nicht alles Meine Sache sein! Vor allem die gute Sache, dann die Sache Gottes, die Sache der Menschheit, der Wahrheit, der Freiheit, der Humanität, der Gerechtigkeit; ferner die Sache Meines Volkes, Meines Fürsten, Meines Vaterlandes; endlich gar die Sache des Geistes und tausend andere Sachen. Nur Meine Sache soll niemals Meine Sache sein. »Pfui über den Egoisten, der nur an sich denkt!« Sehen Wir denn zu, wie diejenigen es mit ihrer Sache machen, für deren Sache Wir arbeiten, Uns hingeben und begeistern sollen. weiterlesen
Dieser kurze Ausflug in die Anarchie mag die Gedanken von Richard Utz ergänzen.
»… also, die einen arbeiten einfach so viel, und die anderen legen sich einfach hin… das ist faulenzen…« (Emma, 6 Jahre alt)
Einladende Betrachtungen
In einem sozialpsychologischen Experiment wurde die Leistungsfähigkeit fauler mit der von fleißigen Gruppen verglichen. Bei ansonsten sehr ähnlichem Sozialprofil, operationalisiert in Merkmalen wie Geschlecht und Alter, Bildung und Intelligenz, bedeutete ›faul‹ niedrige, ›fleißig‹ hohe Leistungsmotivation. Beiden Gruppen wurden einfache und komplexe Aufgaben gestellt. Gemessen und verglichen wurden Zeitaufwand und Effizienz der Lösungswege je Gruppe. Das Resultat: Fleißige Gruppen sind schneller und effizienter beim Lösen einfacher Aufgaben, weil sie eine hohe Bereitschaft mitbringen, Aufgaben gleich welcher Art lösen zu wollen. Diese eilfertige Bereitschaft mindert die Kooperationsfähigkeit der Fleißigen aber beim Lösen der komplexeren Aufgabe. Sie gönnen sich nicht die Zeit, um nachzudenken und über ihr Nachdenken mit anderen zu kommunizieren. Sie denken und gehen am liebsten schnell vor, denken ungern nach und gehen ungern nach und nach vor. Dagegen ist die faule Gruppe langsamer und ineffizienter beim Lösen der einfachen und schneller und effizienter beim Lösen der komplexeren Aufgabe. Bis sie sich Gedanken machen, ist die einfache Aufgabe von der fleißigen Gruppe bereits gelöst; weil sie sich Gedanken machen und Zeit lassen, lösen sie die kompliziertere Aufgabe schneller und effizienter als die fleißige Gruppe.
Obwohl es landläufige Vorurteile widerlegt, zeigt dieses Beispiel auf grelle Weise, wie wenig dem Mainstream der sozialwissenschaftlichen Forschung zum Mainstream des Lebens einfällt. Es ist ein instrumentalistisch verkürzter Begriff von Faulheit, der nur eine Facette dieses Phänomens in den Blick bekommt, die traditionell Gegenstand der moralistischen Kritik gewesen ist: ihr offensichtlich kritisches Verhältnis zur Leistung, worauf immer eine Kritik der Faulheit antwortet. Faulheit oder, genauer und etwas weniger pejorativ bezeichnet, Faulenzen wird in diesem Gruppenexperiment mit Problemlösen identifiziert, also mit einem Handeln, das üblicherweise beim Faulenzen gemieden wird. ›Faulheit‹ versucht doch gerade, sich von Problemen und ihren Lösungen frei- und fernzuhalten, um in Ruhe und Frieden optimal faulenzen zu können.
Das heißt nun aber wiederum nicht, dass Faulheit oder Faulenzen kein Handeln ist. Zumindest lässt sich das ›Faulsein‹ als ›Faulenzen‹ handlungstheoretisch entfalten. So umfasst der Handlungsbegriff nicht nur äußeres oder inneres Tun, sondern auch Unterlassen und Dulden. Entscheidend für die Attribuierung des Handlungsbegriffs auf ein menschliches Verhalten ist dabei der subjektive Sinn, den Handelnde mit ihrem Verhalten verbinden, und für soziales Handeln ist darüber hinaus relevant, dass es seinem Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen und ›dadurch in seinem Ablauf orientiert ist‹, wie das etwa Max Weber in seinen soziologischen Grundbegriffen ausführt.
So betrachtet, lässt sich Faulenzen plausibel als eine Form von Handeln begreifen. Die folgenden Überlegungen versuchen erstens zu erkunden, ob und in welchem Sinn sich Faulheit oder Faulsein oder Faulenzen als Handlung verstehen lässt, um zweitens zu ergründen, ob und wie Faulenzen als ein Tun und ein Unterlassen aufgefasst werden kann. Schließen möchten diese Überlegungen drittens mit der Beantwortung der Frage, weshalb das Faulenzen einen so üblen Ruf besitzt.
Faulenzen als Handeln
Fragen wir zunächst, ob und in welchem Sinne Faulenzen überhaupt ein Handeln ist. Dazu steigen wir am besten über das ›Tun‹ ein, mit dem unser Alltagsverständnis Aktivitäten verbindet, die sich in physischen, psychischen und motorischen Aktionen manifestieren. Zunächst scheint klar, dass es ein im absoluten Sinne vollkommenes Nichtstun für Menschen als lebende Organismen ebenso wenig gibt wie einen vollkommen freien Willen. Jeder lebende Organismus und ein menschlicher ohnehin ›tut‹ oder in jedem ›tut sich‹ zumindest immer etwas. Seine Physiologie, sein Stoffwechsel und seine Organe arbeiten ununterbrochen, so dass man sagen kann, Leben allein ist eine Leistung und manchmal auch schon eine Arbeit. Überdies ›tut‹ sich auch Einiges im Raum des seelisch Unbewussten, das uns im Traum oder im Symptom zugänglich ist, falls wir den dazu passenden Schlüssel der Analytiker besitzen. Allerdings fällt ein solches Tun ohne unser aktives Zutun noch nicht unter den Begriff des Handelns. Dazu ist mindestens eine gewollte Absicht notwendig, ohne die sowohl das vegetative Wirken unserer Physis als auch die unbewusste Umtriebigkeit unserer Psyche gut auskommen können, weshalb es kein ›Handeln‹, sondern bloßes ›Verhalten‹ ist.
Davon zu unterscheiden sind Formen des Tuns, mit denen ein gemeinter Sinn, eine gewollte Intention verbunden ist. Und dieses Kriterium kann auch gut für das Unterlassen und das Dulden verwendet werden. Immer dann, wenn ein Unterlassen oder Dulden als Ausdruck einer menschlich gewollten Intention zu verstehen ist, darf es als Handeln angesprochen werden.
Wie in der Handlungstheorie üblich, lassen sich viererlei Arten der sinnhaften Orientierung des Tuns, des Unterlassens und des Duldens unterscheiden: die rationale an Zwecken, die rationale an Werten und das an Affekten und Traditionen orientierte Handeln. Von diesen viererlei Arten Sinn, an denen menschliches Handeln sich orientiert, möchte ich im faulenzischen Zusammenhang zwei Sinnorientierungen: zweckrationale und wertrationale sowie zwei Handlungsformen: Unterlassen und Tun untersuchen. So ergeben sich folgende Zuordnungen und Fragestellungen, die für ein Verständnis des Faulenzens ausgelotet werden: In welchem Sinn kann Faulenzen als wertrationales Tun und als Unterlassen von Zweckrationalität aufgefasst werden? [Faulenzen wäre demnach ein Tun, das seinem Sinn nach immer in gewissem Grade wertrational orientiert ist, weil es ausgeführt wird, um seines »E i g e nwert(es)« (Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft, Tübingen: Mohr, 1980, S. 12) willen, d.h. »…unabhängig vom Erfolg« (ebd.); weiter ist es seinem Sinn nach affektuell orientiert, weil es in besonderer Weise »emotional: durch aktuelle Affekte und Gefühlslagen« (ebd.) sinnhaft bestimmt sein kann. Zweitens wäre Faulenzen ein Unterlassen und ein Nicht-Dulden, das seinem Sinn nach sich der rationalen Orientierung an Zwecken enthält und widersetzt, weil es sich gerade nicht an der »Erwartung des Verhaltens von Gegenständen der Außenwelt und von anderen Menschen und unter Benutzung dieser Erwartungen als ›Bedingungen‹ oder ›Mittel‹ für rational, als Erfolg erstrebte und abgewogene eigne Zwecke« (ebd.) ausrichten mag. Dulden als eigene Handlungsform lasse ich weg, da es als Nicht-Dulden oder mit Unterlassen identisch ist. Traditional ist Faulenzen nach der hier vorgetragenen Konzeption deshalb nicht, weil es genuin aktualistisches Tun und gerade nicht als eingelebte Gewohnheit zu verstehen ist.]
Beginnen wir mit der Frage danach, in welchem Sinne Faulenzen als Unterlassen von Zweckrationalität zu verstehen ist.
Faulenzen als Nicht-Tun. Unterlassene Zweckrationalität
Vorurteile gegenüber dem Faulenzen lassen leicht vergessen, dass für das Faulenzen kein generelles Nichts-Tun, sondern ein besonderes Nicht-Tun charakteristisch ist. Und dieses ›Nicht-Tun‹ kann ein Handeln sein, und zwar aktives Unterlassen der Aktivität, die sich bewusst an Zweck-Mittel-Erwartungen ausrichtet.
Was also unterlassen wir, wenn wir faulenzen? Wir tun nichts, was irgendwie durch fremd gesetzte Zwecke bestimmt ist und von uns verlangt, dass wir unser Verhalten, Denken und Fühlen als Mittel verstehen. Wir tun nichts, was irgendwie methodisch-systematisches Handeln wäre, das rücksichtslos gegenüber unseren aktuellen Gestimmtheiten und spontanen Lüsten und Launen uns auf irgendwelche fremdbestimmte Zwecke hinabzieht und unsere Energien zu fremden Diensten presst. Wir entsagen der Verplanung unserer Zeit und der Funktionalisierung unserer Aufenthaltsräume, lassen die geplanten Ziele und ihre Mittel und das zielführende Handeln überhaupt fahren, pfeifen auf die Zügigkeit und die Ergebnisorientierung, kurz: wir verweigern alles, was uns von der Außenwelt und der Mitwelt, von den Institutionen und Systemen angesonnen wird, wir kündigen aller Heteronomie. Dies aber bedeutet: Wer faulenzt macht sich unbrauchbar und unnützlich, und das hat zur Folge, dass, wer faulenzt, nicht anschlusstauglich ist.
Anschlussuntauglichkeit heißt in unserer modernen Welt hauptsächlich Suspension aller zweckrationalen Indienstnahme, heißt Subversion systemischer Heteronomien, die uns durch Berufsarbeit, Konsumarbeit und Familienarbeit und alle irgendwie systemisch definierten Rollenskripte vernutzen wollen. Daher ist Faulenzen auch nicht mit Relaxen oder Chillen identisch, und schon gar nicht mit Freizeit. Zwar sind in diesen verwandten, aber eben nur auf Regeneration ausgerichteten Formen des Unterlassens die zweckrationalen Handlungsmotive ausgeschaltet, aber doch nur vorübergehend und mit ausdrücklicher Erlaubnis. Denn Relaxen oder Abhängen, Chillen oder Entspannen, Anti-Stress-Programme folgen dem regenerativen Imperativ, der zwar befiehlt: ›Du musst auch mal runterkommen!‹, aber nur, um ›wieder draufzukommen‹ und seinen Rollenpflichten im Erwerbs- und Bildungssystem, in Familie und Freizeit wieder nachkommen zu können. Insofern verstehen und rechtfertigen sich diese legitimen Formen regenerativer Reproduktion wesentlich als Vorbereitung auf das neuerliche Sich-Einhängen in und Sich-Anspannen für systemische Zweck-Mittel-Reihen. Sie sind letztlich auf das Um-Zu-Motiv hin orientiert, das seine Adepten bald wieder in seinen Ordnungen sehen will, und zwar ›frisch‹ und ›erholt‹, um sich für die fremden Zwecke zu funktionalen Mitteln machen und verbrauchen zu lassen – gegen Geld versteht sich und nicht um ihrer selbst willen.
Zu diesem Verständnis des primär regenerativen Abhängens steht das anschlussuntaugliche Faulenzen konträr. Faulenzen als Unterlassungshandeln kollidiert in modernen Gesellschaften daher am heftigsten mit den Erwartungen des kapitalistischen Arbeitszeitregimes, dem zumindest in unserer okzidentalen Welt niemand entkommt, ohne erhebliche Entbehrungen in Kauf nehmen zu müssen. Die Anschlussuntauglichkeit des Faulenzens nimmt in dieser Frontstellung gegen die calvinistisch geprägte Arbeitsmentalität die Form einer radikalen Verwertungsverweigerung an. Wer faulenzt, ist anschlussunfähig, weil er nicht arbeitet und sich damit fürs Erwerbssystem unverwertbar macht. Kurz: Anschlussuntauglichkeit als Verwertungsverweigerung bedeutet Arbeitsuntauglichkeit.
Das Faulenzen verweigert sich dem affirmativen Schuften um des Schuftens, dem Malochen um des Malochens, dem Arbeiten um des Arbeitens willen und damit dem durchgesetzten Arbeitsselbstverständnis der Moderne. Diese hatte seit der Reformation allmählich den Spieß umgedreht, das Arbeiten als bloßes Mittel diskreditiert und zum sinngebenden Zweck, genauer: zum Selbstzweck habilitiert. Der erste, der offen gegen diese folgenreiche Umwertung einer Last in eine Lust opponierte, war Paul Lafargue, der Schwiegersohn von Karl Marx. In seiner Schrift Das Recht auf Faulheit von 1883 polemisierte er gegen den Wahn des laboristischen Lebenszeitfressers, zu dem das Arbeiten unter dem kapitalistischen Wirtschaftssystem geworden war. Statt ein ›Recht auf Arbeit‹ im Namen der sozialistischen Bewegung zu fordern, plädierte Lafargue für das ›Recht auf Faulheit‹ im Namen der Menschlichkeit.
Auch Lafargue war natürlich klar, dass die Forderung nach einem ›Recht auf Arbeit‹ dem Bedürfnis entsprang, die eigene Existenz angesichts des Elends der Arbeitslosigkeit über Rechtsgarantien auf Arbeit abzusichern. Gemessen an der Ausbeutung und dem Faktum entfremdender Arbeit aber, die den Produzenten im Industriekapitalismus nicht zum Konsumenten seiner Produktionen macht, und gemessen an der technologisch immer weiter erhöhten Arbeitsleistung aber, die die Produktivität der Arbeit bis zur Überproduktion steigert, verringert sich ja weder die Arbeitszeit, noch wird die tatsächlich zu leistende Arbeit weniger. Im Gegenteil: »Je produktiver die gesellschaftliche Organisation der Arbeit wurde, umso stärker wurde zugleich der gesellschaftliche Druck, mehr Arbeit zu mobilisieren.« (Lafargue, Das Recht auf Faulheit, 12, S. 7-28) Und dieser Befund gilt bis heute: Denn weder sinkt mit jeder technologischen Maschinen-Innovation die zu leistende Arbeitsmenge, noch schrumpft die Absorptionskraft des Arbeitsmarktes. Noch nie zuvor wurde so viel gearbeitet und noch nie arbeiteten so viele für so wenig Lohn wie heute.
Warum aber soll immer noch mehr gearbeitet werden, wenn die Arbeitsleistung immer größer geworden, also schon groß genug ist? Angesichts dieses ›Produktivitätsparadoxes‹ (Stephan Lessenich) erscheint die Forderung nach einem ›Recht auf Arbeit‹ als irrational und die nach einem ›Recht auf Faulheit‹ als rational. So betrachtet, gibt es gute Gründe, die Arbeitsgesellschaft und ihre »Liebe zur Arbeit« als »rasende Arbeitssucht« oder als Psychopathologie zu diagnostizieren, die die »Lebensenergie des Einzelnen und seiner Nachkommen« (Paul Lafargue: Das Recht auf Faulheit, in derselbe, Das Recht auf Faulheit und andere Satiren, Berlin 1986, S.31) ruiniert, oder, wie wir heute sagen würden, den Massen-Burn Out generiert.
Und Lafargue empfiehlt eine einfache Verhaltenstherapie: Arbeitet weniger, konsumiert mehr und genießt mehr freie Zeit! Sein Rat, immer mal wieder von mutigen, aber erfolglosen Gewerkschaftern aufgegriffen, ging auf Rationierung aus: ›Man muss, um Arbeit für alle zu haben, sie rationieren wie Wasser auf einem Schiff in Not.‹
Die Realisierung dieses arbeitsdiätetischen Vorschlags läuft allerdings auf eine Revolution der Arbeitsgesellschaft und ihres arbeitszentrierten Zeitregimes hinaus. Wir machen uns selten klar, dass wir 8 Stunden ›durch-‹schlafen und 8 plus n-Stunden ›durch-‹arbeiten sollen, dass wir unsere Kinder ohne Not um 6 Uhr aus dem Bett schrecken, um sie vor 8 Uhr in der Frühe in die Schule zu hetzen. Wir machen uns also selten klar, dass unsere Lebenszeit heteronom getaktet und einem rigiden Zeitregime unterworfen ist, das sich letztlich vom kapitalistischen Betrieb und seiner Effizienzversessenheit herleitet. Und auch hier begegnen wir einem Paradox, dem ›Zeitparadox‹: Noch nie war der Alltag – Haushalt, bindungspflegende Kommunikation und notwendige Arbeit – technologisch derart zeitsparend zu bewältigen und noch nie zuvor klagten die Menschen derart über Zeitknappheit. Die subjektive Empfindung von Zeitverlust bei objektivem Zeitzugewinn geht so weit, dass Zeitnotstand zum objektiven Statusmerkmal arriviert: Wer ihn mitteilt, erhält Verständnis und Zustimmung, wer ihn nicht teilt, irritiert und lebt verkehrt.
Lebt verkehrt? Ja, gerät unter den Verdacht, sein Leben suboptimal zu organisieren und die Fülle individueller Gestaltungschancen ungenutzt zu lassen, also seine Zeit mit unökonomischem, unverwertbarem Nichtstun zu vergeuden, vulgo: zu verfaulenzen. Eine solche faulenzische Zeitverwendung aber wird heute als Zeitverschwendung stigmatisiert. Schon Nietzsche sah das in der Fröhlichen Wissenschaft sehr scharf: »Man schämt sich jetzt schon der Ruhe; das lange Nachsinnen macht beinahe Gewissensbisse. Man denkt mit der Uhr in der Hand, wie man zu Mittag ißt, das Auge auf das Börsenblatt gerichtet – man lebt wie einer, der fortwährend etwas ›versäumen könnte‹…« ( Friedrich Nietzsche: Fröhliche Wissenschaft, Frankfurt/M. 1982, 329tes Stück, Muße und Müßiggang, S. 203) So gesehen hat die Rückgewinnung der Verfügung über die eigene Lebenszeit das Zeug zur revolutionären Aktion. Und auf welche Weise könnte eine solche effektiver verwirklicht werden als durch Faulenzen?
Lafargue schlägt konkret 3 Stunden Arbeit pro Tag vor, den Rest zur freien Verfügung. Auf diese Weise würden die Verhältnisse wieder ins richtige Verhältnis verkehrt: Dann lebten wir nicht, um zu arbeiten, sondern arbeiteten, um zu leben! Und das ist, mit Verlaub, keine utopische Träumerei! Versucht uns die Ethnographie doch schon seit eh und je nahezubringen, dass die Menschen in Sammler-Jäger-Gesellschaften wesentlich entspannter als in den modernen High-Tech- und so genannten Hochkultur-Gesellschaften leben. Sie sammeln und jagen im Durchschnitt 2 bis 3 Stunden täglich und verbringen den Rest der Zeit in einem »mußeintensiven Zustand, der, was vielen nicht bewusst ist, der natürliche ist.« (Irenäus Eibl-Eibelsfeld: Menschenforschung auf neuen Wegen. Die naturwissenschaftliche Betrachtung kultureller Verhaltensweisen. Wien/München/Zürich 1976, S. 267) Und dabei mangelt es den Jägern und Sammlern an keinem der ernährungsphysiologisch wichtigen Nährstoffe wie Proteine, Vitamine und Kalorien, sondern ganz im Gegenteil, sie sind bestens mit ihnen versorgt und leben recht eigentlich »salutogenetisch«: »In Sammlerinnen- und Jägerkulturen, die immerhin das Gros der menschlichen Geschichte (rund 3 Millionen Jahre) ausmachen, hatte man also nicht nur ausreichend und gut zu leben, sondern verfügte auch über eine absolut vollwertige Kost… Ärztliche Untersuchungen ergaben, daß ihre Ernährung nicht nur voll ausreichend, sondern auch optimal zusammengesetzt war und sie infolgedessen über eine hervorragende Gesundheit verfügten. An Arbeit brauchten sie dafür lediglich 2 Stunden pro Tag aufzuwenden.« ( Zitiert nach Klaus E. Müller, Kleine Geschichte des Essens und Trinkens. Vom offenen Feuer zur Haute Cuisine. München, 2009, S.22)
Unter solchermaßen zurechtgerückten Zeitproportionen würde sogar Arbeiten wieder attraktiv, man muss es nur von der faulenzischen Lebensform her ins Perspektiv nehmen. Denn zeitlich reduziert, würzt Arbeit die Existenz und wird zu einer der Vergnügungen der Faulheit, zu einer »dem gesellschaftlichen Organismus nützliche(n) Leidenschaft.» (Lafargue a.a.O., S.22) Das Problem dabei ist, wie bei allem, was gut und schön zugleich ist, dass mögliches und schönes Glück die Leute eher überfordert als wirkliches und hässliches Elend. So meinte schon Paul Lafargue mit Blick auf die Änderung dieses falschen Bewusstseins der Arbeiterklasse, genau dies sei »eine schwierige Aufgabe, die meine Kräfte übersteigt.« (ebd., S.26)
Und wie recht Lafargue hatte! Aus der Arbeiterklasse wurde keine Faulenzerklasse. Weder der Sowjetkommunismus noch die deutsche Sozialdemokratie bewiesen welthistorische Klasse, als sie die Chance dazu hatten, sondern beide setzten alles daran, die permanente Steigerung der Arbeitsleistung im Wettbewerb der Systeme zu glorifizieren, zu heroisieren, ja zu vergöttern. So wurde nicht nur im amerikanischen Taylorismus jeder als Bummler und Faulenzer kriminalisiert, der im Arbeitstempo zurückblieb. Auch in der stalinistischen Fabrik wurde Bummeln, also eine dem laboristischen Schuften abgetrotzte Miniaturform des Faulenzens scharf verurteilt, wie etwa ein Bericht des Lyrikers Sergej M. Tretjakow zeigt, der 1937 selbst als Opfer einer stalinistischen ›Säuberungsaktion‹ hingerichtet wurde. Tretjakow schrieb 1931 ganz euphorisch über ein innerbetriebliches Tribunal »Arbeiter richten über Arbeiter«, das den Arbeiter Alexej Balduin aus der Fabrik ausschloss, weil er das Arbeitstempo nicht halten konnte und mit 50 Prozent unter dem Plansoll geblieben war: »Nieder mit den Faulpelzen! Nieder mit den Simulanten in der Fabrik! Hoch die Kämpfer an der Aufbaufront, die Verwirklicher der Ideen des Leninismus, die Stoßbrigadler!« (Sergej M. Tretjakow: Eine Sache der Ehre – eine Sache des Ruhmes, in: Gerd Stein: Lumpenproletarier-Bonze-Held der Arbeit. Verrat und Solidarität. Kulturfiguren und Sozialcharaktere des 19. Und 20. Jahrhunderts Band 5. Frankfurt/M.1985, S.258) Und dieselbe stigmatisierende Tendenz gegen das Faulenzen setzte sich in der bundesrepublikanischen Reform des Arbeitsmarktes fort, die der Sozialdemokrat und Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, heute Lobbyist des russischen Energiekapitals, 2001 in einem Bild-Interview massenwirksam zum Ausdruck brachte: ›Es gibt kein Recht auf Faulheit in unserer Gesellschaft.‹
Insofern ist im Hinblick auf einen gesellschaftlichen Gesinnungswandel in Sachen Faulenzen mehr als Skepsis angesagt, wenn schon die Vertreter der Arbeit sich mit denen des Kapitals darin einig sind, dass wir mehr und immer mehr statt weniger arbeiten sollen. Schärfer denn je wird das Faulenzen verfolgt und sozialmoralisch sanktioniert, und genau daran ist seine Anschlussuntauglichkeit schuld, die im Faulenzen sich manifestierende Verwertungsverweigerung, welche der Arbeit als prioritärer Sinnstifterin die Anerkennung verweigert. Die Arbeitssucht herrscht vor und es verhält sich mit ihr so, wie Ludwig Börne das mit Blick auf die populäre Verehrungssucht der ›Großen Männer‹ beklagte, die Länder und Völker mit Krieg überziehen und Massen von Menschen ihrer unersättlichen Ruhmsucht zu opfern belieben: ›Daß doch die wahnsinnigen Menschen immer am meisten liebten, was sie am meisten hätten verabscheuen sollten!‹
Doch vielleicht hängt diese eingefleischte Feindschaft gegen das Faulenzen auch damit zusammen, dass bislang kaum phänomenologische Erkundungen in seine süß-sanften Gefilde vorliegen? Vielleicht braucht es hier mehr Aufklärung, um die Leute auf den Geschmack zu bringen. Denn das ist ein Desiderat, an dem sich weder Lafargue noch sonst einer explizit versucht hätte. In ihren Träumen, Mythologien und Kosmologien allerdings, in den verkehrten Welten, den Paradiesen und Schlaraffenländer haben die Menschen schon immer in den Gegenwelten des Faulenzens geschwelgt. Es kommt aber nicht darauf an, eine solche Welt nur zu fantasieren, sondern sie zu realisieren! (Siehe hierzu ausführlich Mircea Eliade, Die Geschichte der religiösen Ideen, Freiburg i.Br., 2002.) Daher ist der nächste Abschnitt unserer kleinen Einladung zur Faulenzerei der Phänomenologie oder der Sinnstruktur des Faulenzens gewidmet.
Im Liegen nach Lust und Laune. Faulenzen als wertrationales Tun
Den vorigen Argumentationsfaden wieder aufnehmend, wird hier die Sinnstruktur des Faulenzens handlungstheoretisch gefasst. Während Faulenzen bisher als Unterlassen von Zweckrationalität thematisch wurde, also quasi ex negativo, soll es im Weiteren positiv bestimmt werden. Negativ ist Faulenzen als Handlungstypus nicht als Nichts-Tun, sondern als aktives Nicht-Tun zu verstehen. Positiv ist Faulenzen demgegenüber ein Handeln, das radikal wertrational orientiert ist, soll heißen, wer faulenzt, tut etwas um seines »Eigen-wert(es)« (Weber, a.a.O., S.12) willen, und zwar »…unabhängig vom Erfolg.« (ebd.) Die Frage ist, was dieses eigenwertige Tun eigentlich ist und worin es sich äußert? Was ist es, das den Reiz des Faulenzens ausmacht und von denen gesucht wird, die Faulenzen um seiner selbst willen immer wieder zu tun wünschen? Antwort: Das Eigenwertige des Faulenzens, die spezifische Qualität seines Tuns ergibt sich aus seiner Eigensinnigkeit.
Ist das Unterlassen von Zweckrationalität gewissermaßen die notwendige Bedingung zum Faulenzen, so ist die Orientierung an Eigensinnigkeit die hinreichende, die ganz wesentlich für die faulenzische Anschlussuntauglichkeit konstitutiv ist.
Notwendige Bedingung des Faulenzens ist der Rückzug aus der Sozialität, aus Gesellschaft und Gemeinschaft und aus ihren Vergesellschaftungs- und Vergemeinschaftungszumutungen. Indem wir uns aus der Sozialität zurückziehen, tun wir den letzten Schritt weg von den Anderen und den ersten hin zu uns selbst. Dieses gänzlich unmilitärische, also nicht überhastete Retirement umfasst nicht nur die besprochene Verwertungsverweigerung gegenüber dem okzidentalen Laborismus, sondern in einem ganz elementaren Sinne auch den Rückzug aus den Sinnzusammenhängen und Systemselektionen des sozialen Lebens und dessen Erwartungszumutungen, die uns seitens der Anderen, der Gruppen, der Organisationen, kurz: der Gesellschaft angesonnen werden.
Im berufsarbeitsgestressten Abendland faulenzt es sich am besten und schönsten alleine, indem wir uns jeglicher ›Um-zu-Motive‹ entledigen und anspruchsvoller Anerkennungserwartungen seitens anderer entpflichten. Erst so sind wir befreit genug, die Pforte zu unseren Launen, zur eigenen Kontingenz und damit zum eigentlichen ›Territorium des Selbst‹ (Erving Goffman) zu durchschreiten und ihnen um ihrer selbst willen voller Behagen bewusst zu obliegen, kurz: zum eigensinnigen Faulenzer zu werden.
Diese Eigensinnigkeit des Faulenzens besteht im Drang zum Eigner der eigenen Eigenheit zu werden und auf diese Weise den echten und rechten Eigensinn freizusetzen. Denn im sozialitätsentlasteten Rückzug wird der faulenzende Einzige zu seinem Eigentum, und es ist der launische Faulenzer, der Max Stirner vorgeschwebt haben muss, da nur faulenzische Menschen mit vollem Recht von sich behaupten können, dass sie ihre »Sach’ auf Nichts gestellt« (zitiert nach der Reclamausgabe, Stuttgart 1972, S.412) haben, mit anderen Worten, auf nichts als den eigenen und dadurch einzigen Sinn. So die ultrakurze Quintessenz des Buches von Max Stirner Der Einzige und sein Eigentum, die im Original lautet: »Ich hab’ mein Sach’ auf Nichts gestellt«. Faulenzen ist eigentlich der Zustand, den Max Stirner im Sinn gehabt haben muss. Kein Wunder also, dass ihn die Progressiven wie die Konservativen angefeindet haben, bis heute.
Eigensinnig unterlassen Faulenzer alles Heteronome und tun alles Autonome, sie tun nur das, was ihnen aktuell in den Sinn kommt und genießen genau dieses um seines Sinnes willen, ohne sich um dessen Voraussetzungen und Folgen zu sorgen. So erweist sich der Eigensinn faulenzischen Tuns in der Hingabe an die Laune des Augenblicks, aus der das spezielle faulenzische Behagen, dieses köstliche Sich-Treibenlassen, dieses Einsteigen in und Aussteigen aus dem Bewusstseinsstrom, das Changieren zwischen Gedankenlosigkeit und Besinnlichkeit, zwischen Diffusion und Konzentration entspringen, begleitet von unangestrengter motorischer Minimalaktion, um die Glieder zu dehnen, die optimalste Lockerung zu erzielen und so das perfekte Lageoptimum einzunehmen.
Faulenzen ist somit wesentlich aktualistisch bestimmt, d.h. durch die Neigungsfreiheit, einem Tun und Lassen einzig aus aktueller Lust und Laune zu folgen. Tun und Lassen nach Lust und Laune heißt, so lange etwas tun, als die Aufmerksamkeit, das Quantum an lustvoller Energie, das es aufgeregt hat, sich verbraucht, also so lange auf dem Klavier klimpern, in der Garage herum werkeln, Musikhören, TV glotzen und es laufen lassen, bis uns etwas Anderes einfällt, das sich gut anfühlt und dem wir darum folgen wollen. Das läuft auf radikal subjektivierte, also positiv gewendete idiosynkratrische Kontingenz hinaus, auf die pure Lust an der eigenen Laune.
Im Reich des Faulenzens also kehren wir eigensinnig bei uns selber ein, beim entspannten, sich selbst überlassenen ›Ich‹ und seinem eigenen und einzigen Sinnbereich. Aus einem Untertan der ›Über-Ich-Instanzen‹ und aus einem Spielzeug des ›Es‹, das unter dem Druck des laboristischen Regimes verständlicherweise auf Widerspenstigkeit schaltet, machen wir faulenzend einen interesselosen, weil selbstinteressierten, einen selbstbestimmten, weil mit sich in Übereinstimmung gekommenen, einzigen Eigner der eigenen Eigenheit aus uns, wie sich das Max Stirner nicht schöner hätte wünschen können.
Aus der radikalen Orientierung am Eigensinn ergibt sich schließlich auch ein spezielles Verhältnis zu Zeit, die plötzlich wieder subjektiv wird, also ganz mir und nicht mehr den anderen und den Systemen gehört. Faulenzen eröffnet die Chance, auf das Erleben eines absoluten Hier und Jetzt, entlastet von Vergangenheit und Zukunft. Im Faulenzen gewinne ich mir die Gegenwart zurück, in der wir wie Kinder von einem zum nächsten Einfall stolpern, springen, taumeln, einer Laune nach der anderen nachgebend. So ermöglicht der aktive Rückzug auf uns selbst die Re-Subjektivierung der Zeit und eröffnet mir auch die Chance auf Haltungen und auf ein Tun, das sich ausschließlich an dem orientieren kann, was mir gerade einfällt.
Sind damit essentielle Züge des faulenzischen Geistes, der Faulenzer-Mentalität beschrieben, zeigt ein Blick in die Etymologie eine weitere wesentliche Eigentümlichkeit des faulenzischen Handelns, die für die von Faulenzern angewendete ›Körpertechnik‹ (Marcel Mauss) charakteristisch ist, und das ist die Modellierung der Körperhaltung nach der Idee der Horizontalität. Denn Faulenzer suchen doch am liebsten eine Lage auf, die mehr Bequemlichkeit bietet als Sitzen und Stehen, und die finden sie im Liegen.
Das zumindest bestätigt seine Etymologie. Im Faulenzen stecken das ›Faulen‹ und das ›Lenzen‹. Mit Lenzen ist die typische Raumlage des faulenzenden Körpers bezeichnet, der sich im ›hingestreckten Ruhen‹, in einer Körperhaltung der Komfortlagerung der tätigkeitsentlasteten Horizontalen befindet. (Vgl. Grimmsches Wörterbuch)
Der Rückzug aus der Sozialität ist somit auch ein Rückzug aus der Vertikalitätszumutung des aufrechten Ganges, ein Rückzug aus der von Peter Sloterdijk so genannten Vertikalspannung und ein Einzug in die faulheitsinduzierte Horizontalentspannung.
Ein schönes Beispiel für faulenzische Horizontalität gibt Gilbert Keith Chesterton in seinem Essay über das Im-Bett-Liegen-Bleiben. (in: derselbe, Ballspiel mit Ideen, kleine Prosa, Freiburg/Basel/Wien 1963, S.120-123) Dem optischen Sinn des interesselos in der Horizontale Gebetteten öffnen sich Dimensionen, die den Laufenden oder Sitzenden nicht ohne angestrengte Abstraktionen zugänglich sind. Liegend nehmen die Augen die Decke über dem Boden, den Himmel über der Erde, die gewölbte Weite über der planen Fläche wahr und überschreiten die visuelle Profanität des Geerdeten und Zuhandenen, das den Blick nicht erholt, sondern mit seinen realistischen Unregelmäßigkeiten beunruhigt und durch die Disharmonien der Formen belästigt. Horizontalität gewährt so eine optisch vermittelte Ahnung von Transzendenz. Mit anderen Worten: Im Bett ist alles wett, weil wir erst liegend ganz bei uns sind und so gleichzeitig ohne Anstrengung, ohne Ziel, in der Schau des unbegrenzten Raumes über uns uns überschreiten.
Zwar ist die Horizontalitätskomponente für reines Faulenzen essentiell, dennoch kann auch sitzend im Lehnstuhl, stehend am Fenster und mehr lustwandelnd als gehend im Garten gefaulenzt werden. Doch bergen diese aufrechten Haltungsarten das Risiko aller Vertikalität, leichter in den Geltungsbereich des Tätigwerdens oder gar des Arbeitens abzudriften oder gewaltsam hineingezogen zu werden. Denn, während das Faulenzen im Idealfall das aufrechte Umherwandern lässt und sich ganz dem launischen Liegenbleiben anheim gibt, erfordert schon der Müßiggang Bewegungen in der Vertikalität und verleitet unwillkürlich dazu, die horizontale Komfortlagerung des Faulenzens aufzugeben.
Vom faulenzischen Horizontalitätsstandpunkt aus gesehen ist der reine Müßiggang nur eine temporär befristete Option, ein entspanntes Sich-Aufrichten auf Zeit, die nicht mit Flanieren oder mit Promenieren zu verwechseln ist. Denn beide Vertikalformen gehen gerade nicht auf eigensinniges Faulenzen nach Lust und Laune, sondern auf die urbane Übung von Statusdemonstration aus, fremde Anerkennung heischend und nicht eigensinniges Aneignen der eigenen Einzigartigkeit pflegend.
Außerdem macht Vertikalität in jedweder Form exponierter als Horizontalität und setzt uns Adressierungen aller Anderen aus, die immer etwas von uns wollen, also letztlich uns von uns weg auf ihre Interessen, Zwecke, Ziele hin entfernen wollen. Dies alles sind geläufige Machtspielchen, in die verstrickt zu werden, die faulenzische Haltung keinen Wert legen kann.
Allerdings können sonst sehr arbeitsame Menschen, die bewusst faulenzen, im faulenzischen Zustand, beim müßigen Umherwandeln, Herumflätzen und Rumstehen mit mancher Überraschung rechnen. So sind sowohl die horizontale Komfortlagerung als auch das vertikale Umherwandeln und ihre Affinität zur Eigensinnigkeit und Laune sehr gute Stimuli für Geistesblitz und Einfall, die die Hirnmarter am Schreibtisch und beim regelrechten Arbeiten scheuen, sondern nur »kommen, wenn es ihnen, nicht, wenn es uns beliebt…bei einer Zigarre auf dem Kanapee…beim Spaziergang auf langsam steigender Straße, oder ähnlich, jedenfalls aber dann, wenn man sie nicht erwartet…«. (Max Weber, Wissenschaft als Beruf, S.590) Nicht als Folge methodischer Bemühung und schwerem Grübeln am Schreibtisch, sondern müßiggängerisch oder müßigliegend fällt überhaupt etwas ein. Einfälle lassen sich nicht befehlen, sondern geschehen von selbst, wo nichts Heteronomes sie erwartet, um sie an Zwecke binden und ihrer Auratizität berauben zu wollen. Genau dies aber verhütet die faulenzische Atmosphäre der Eigensinnigkeit und Launenhaftigkeit, wo alles, was kommt, um seiner selbst willen Wertschätzung und Anerkennung uneingeschränkt erfährt. Und nichts überzeugt notorische Arbeiter mehr vom Faulenzen als die nur noch auf seinem Boden erlebbare Erfahrung, dass nicht methodisches und kalkulatorisches, letzthin technisches Handeln die begehrte Innovation und das Neue bewusst hervorlockt, sondern gerade die Unterlassung seiner und das eigensinnig einzige Sich-Gehen-Lassen.
Prinzipiell lässt sich in der Horizontalen dagegen strukturell nicht viel Erwerbsmäßiges ausführen, allenfalls Gewerbsmäßiges wie das etwas zynisch als ›horizontal‹ bezeichnete Gewerbe, eine der demütigendsten und anstrengendsten Arbeitsweisen, oder aber Kunstgewerbsmäßiges wie das Deckenmalen, das wir von Michelangelo her kennen oder vom KFZ-Mechaniker, der auf dem Rollbrett unterm PKW liegt und ihn repariert – lauter extreme Zumutungen an Körper und Geist und Seele, in denen der Laborismus die Horizontale appropriiert und sich als das entlarvt, was er vertikal schon immer war und ist, obwohl nicht mehr als solches wahrgenommen, Mühsal, Erniedrigung, Tortur.
Nach all dem Positiven des Faulenzens regt sich die Frage: Wo bleibt das Negative? Auch hier hilft die Semantik weiter, die das ›Faulen‹ als zweites Bedeutungsstück mit dem ›Lenzen‹ verbindet und auf die eine Gefahr aufmerksam macht, die radikalen Faulenzern drohen kann, auf den Zerfall, die Zersetzung im Sinne von etwas Schlechtem, Falschem, Schlimmem, Üblem. Davon weiß auch Eichendorffs berühmter Taugenichts zu berichten, der nach tagelangem Nichts-Tun zu der Empfindung gelangt, ›…als würde ich vor Faulheit noch ganz auseinanderfallen.‹ Diese Pathologie der Selbstauflösung kommt in Gang, wenn faulenzisches Nicht-Tun mit pathologischem Nichts-Tun verwechselt wird, wenn Faulenzen also nicht auf angenehme, eigensinnige Zustände führt, sondern von ihnen ab, auf unangenehme Leere wie Langeweile, Melancholie oder schlimmer noch auf Depression.
Faulenzen, so zeigt sich hieran, ist nicht ohne Gefahr. Dies gilt besonders für die unter uns, welche zwar wie wir alle auch vom ›stählernen Gehäuse‹ (Max Weber) des okzidentalen Laborismus umschlossen sind, aber sich in einem Maße widerstandslos und affirmativ von ihm in Besitz nehmen lassen, dass sie als Workaholics und Maniker des Schuftens in den Tretmühlen und Laufrädern der Arbeit enden müssen. Sie müssen sich das Faulenzen verneinen, um durchzuhalten, und als Folge es nur mehr auf laboristische Weise aushalten, ihr Leben. Roland Barthes sieht und bedauert genau dies an sich selbst. In einer Art Selbstdiagnose bringt er das in wünschenswerter Klarheit auf den Punkt: »Ich wäre versucht zu sagen, daß ich der Faulheit in meinem Leben gar keinen Platz einräume, und darin liegt der Fehler. Ich empfinde das als Mangel, als ein Unrecht.« (Roland Barthes, Mut zur Faulheit, in: David Dilmaghani/Nassima Sahaoui, Kleine Philosophie der Faulheit, Frankfurt/M., S.159f.) Genau: Im Laborismus gibt es bloß schuldhaftes Faulenzen, das seelisch schmerzt und leiden macht. Im herrschenden Laborismus fehlen die Kraft und die Freiheit zum Faulenzen, die uns von der Krippe an und so über alle gesellschaftlichen Agenturen absozialisiert wird. »Wenn Sie wollen«, so Roland Barthes im nämlichen Interview, »bin ich unfähig, Müßiggang…in mein Leben einzubeziehen. Außer den Freunden lasse ich nur mürrische Faulheit hinein.« (ebd.)
So setzt das Faulenzen unter modernen Kulturbedingungen Selbstkenntnis und Selbstgespür voraus, also die Fähigkeit, Launen und Einfälle zu schmecken und zu beurteilen und ihnen Abhilfe zu schaffen, falls sie üble und schlechte Stimmungen machen, die letztlich der Arbeitsstress uns einbrockt, und uns wie böse Träume bis ins Innerste der faulenzischen Horizontalen nachhängen. Auf diesem Feld erweist sich Faulenzen als Freizeitschule der Selbsterkenntnis, indem es uns die Erfahrung des scheinbar grundlosen Leidens zeigt und uns zugleich eine Übung darin bietet, sie durch einen Wechsel in andere Zustände, schlimmstenfalls in vertikale Arbeitszustände zu überwinden. Denn nichts vertreibt schlechte Laune so gründlich wie schlechte Laune: Erst einmal ins Arbeiten gekommen, wächst das Bedürfnis ebenso rasch, wieder mit ihm aufzuhören. Denn wie gesagt: Erst vom faulenzischen Standpunkt aus macht Arbeiten wieder als Mittel, als Würze des Lebens Sinn, das dazu beiträgt, sich im Faulenzen umso angenehmer genießen zu können.
Warum hat Faulenzen einen so üblen Leumund?
Nach dem bisher Gezeigten ist klar, dass die moderne Arbeitswut- und Zeitverknappungsgesellschaft nicht nur mit Faulenzen im dargelegten Sinne nichts anfangen kann, sondern dass sie es von Grund auf ablehnen und verurteilen muss. Politiker, Ökonomen und Erzieher, Gesetzesmacher und Weltverschlechterer, Betriebs- und Volkswirtschaftler, Lehrer und Professoren müssen und wollen zum Arbeiten und zur Nützlichkeit, zur Effektivität und zur Effizienz, zur Geschwindigkeit und zur Beschleunigung motivieren, um ihre gut bezahlten Rollen zu erfüllen und die lineare Kultur des Westens voranzubringen.
Wie aus der Diskussion der faulenzischen Unterlassung von Zweckrationalität genügend klar geworden sein sollte, steht Faulenzen als Form der Verwertungsverweigerung grundsätzlich gegen kapitalistisches Wirtschaften und die durch sie geprägte laboristische Mentalität. Zudem zeigt die positive Bestimmung des Faulenzens als sozialitätsentlastete, eigensinnige und horizontale Selbstaneignung des Menschen im Zeichen von Lust und Laune ihre Anschlussuntauglichkeit an eine effizienzrationalistisch vereinseitigte Moderne aber in einem noch viel grundlegenderen als bloß dem ökonomischen Sinn.
Das Eigenschaftswort ›modern‹ kommt von lateinisch ›modernus‹, was so viel heißt wie ›vor kurzer Zeit entstanden‹. Die Semantik des ›Modernen‹ bestimmt sie in nuce über ein besonderes zeitliches Verhältnis, in dem die als ›modern‹ bezeichneten Menschen und Dinge zu Menschen und Dingen stehen. Etwas ist modern, weil es zeitlich erst vor ›kurzem entstanden‹ oder im zeitlichen Sinne ›neu‹ ist. Moderne Kultur ist verzeitlichte Kultur ist Innovationskultur.
Das lässt sich nicht nur am Degout gegenüber all dem ablesen, was als ›alt‹ oder ›veraltet‹ und synonym als ›unmodern‹ eine spontane Empfindung der Abwertung provoziert. Indem moderne Kultur das Neue bejaht und die Neuerung begünstigt, wendet sie sich nicht nur vom Vergangenen ab, sondern auch vom Gegenwärtigen, das noch nie zuvor so rapid als ›alt‹ empfunden und missbilligt wurde als heute. Das hat die oft bemerkte Konsequenz, dass sich das Verhältnis von Vergangenheit,Gegenwart und Zukunft ändert. Durch schnelleres Veralten und schnelleres Erneuern schrumpft und schwindet das Gegenwärtige schneller und das Vergangene nimmt in dem Maße zu, wie es sich entfernt und wie die Zukunft näher rückt. In der Innovationskultur ›sind‹ Menschen und Dinge immer kürzer ›neu‹ und immer länger ›alt‹, oder wie es der Filmtitel sagt: Wer früher stirbt, ist länger tot.
Vor dieser Folie lässt Faulenzen sich als Kompensationsform lesen, die unter den Bedingungen einer technologisch beschleunigten Welt, einer laboristisch entfremdeten Arbeit und eines modernen Zeitregimes einen Kontrapunkt setzen könnte. Interessant ist hier ein Vergleich mit der Kategorie ›Kompensation‹, wie Odo Marquard sie im Anschluss an Joachim Ritter entwickelt hat. Die Anschlussuntauglichkeit des Faulenzens gewährt Moratorien der Langsamkeit inmitten der orkanartigen Moderne, ermöglicht authentischen Selbstgenuss im Medium von Lust und Laune und gewinnt der subjektiven Kultur die Zeit zurück, die die objektive Kultur chronometrisch enteignete. So erweist sich faulenzische Anschlussuntauglichkeit als Oase des Selbst, in dem die Zeit da ist, damit sich bewähren kann, was ihm zur einzigen und eigensinnigen ›Währung‹ werden soll. Denn, wenn es einen Sinn der von Menschen geschaffenen Kultur gibt, dann doch den, dass sie zur Entwicklung, wenn nicht gar zur Vervollkommnung ihrer Menschlichkeit taugt und nicht umgekehrt.
Ab sofort gibt es keine schlechten Nachrichten mehr von mir – nur noch Gute, die der Verdauung nicht schaden. Versprochen. Der Satire habe ich abgeschworen – isch schwör von jetzt bis gestern.
Die Neujahrsansprache vom Bundeskadaveristen Olaf Scholz gibt Zuverzicht auf allen Ebenen. Hier die Zusammenfassung in einem Wumms – äähhh Satz:
2022 ging es den Deutschen schlechter als 2021, aber besser als 2023. 2024 wird die Bundesregierung diesen Erfolg mit allen Kräften in den nächsten 1.000 Jahren weiter ausbauen.
Na dann wird doch alles noch überbesser als besser – also richtig wummsig.
Wenn ich mich meinen Erinnerungen hingebe dann habe ich wieder das Haus vor Augen, in dem ich aufgewachsen bin dann kommen eine Menge Dinge zurück: ich sehe Rosen in einem Garten. Dort, wo einst Bäume standen, ist jetzt eine Stadt und das Haus, die Blumen, die ich so liebte, existieren nicht mehr. Sie konnten lachen, alle meine Freunde sie konnten so gut Freuden mit mir teilen aber alles im Leben hat irgendwann ein Ende und ich musste gehen, mit Tränen in den Augen. Meine Freunde fragten mich: „Warum weinen?“ und „Die Welt entdecken ist besser als zu bleiben. Du wirst all die Dinge finden, die man hier nicht sieht eine ganze Stadt, die die Nacht vergessen lässt in ihren Lichtern.“ Als ich dieses Stück meiner Kindheit verlassen hatte,
war es so, als hätte ich mein Herz verloren. All meine Freunde, ja, sie beneideten mich um meine Chancen aber ich, ich denke immer noch noch an das Glück ihrer Unbekümmertheit, die sie zum Lachen brachte und mir kommt es vor als hörte ich mich zu ihnen sagen: „Ich komme eines Tages zurück, eines schönen Morgens mitten in euer Lachen hinein ja, eines Tages nehme ich den ersten Zug der Erinnerung.“ Die Zeit ist vergangen und da bin ich wieder und suche vergeblich das Haus, das ich liebte. Wo sind die Steine und wo sind die Rosen all die Dinge an denen ich einst hing? Von ihnen und von meinen Freunden keine Spur mehr andere Leute, andere Häuser haben ihre Plätze eingenommen. Dort, wo einst Bäume standen, ist jetzt eine Stadt und das Haus, wo ist es, das Haus, in dem ich aufgewachsen bin?
Stinklangweilig hier im Himmel“, beschwert sich der neu angekommene Werbetexter. „Immer nur Wolken bügeln, frohlocken und Halleluja singen. Wozu habe ich eine erstklassige Ausbildung auf der Erde genossen? Ich bin schließlich zu besserem berufen.“ „Nun“, meinte Petrus, „du hast freie Wahl. Schau dich in der Hölle um und entscheide dann, wo du bleiben willst. Deine Entscheidung ist dann endgültig. Sag mir aber bitte nochmals Bescheid, wenn du dort bleiben willst.“ – „Versprochen.“
Dort unten angekommen, war er fassungslos von dem Angebot. Frühmorgens kochte ihm eine halbnackte Blondine Kaffee und brachte ihn an sein Bettchen von acht qm Größe. Seine Fantasie schwoll nicht nur im Kopf an. Dachte er noch an die Nächte auf Erden mit … (aus Jugendschutzgründen wird das nicht näher beäugt). Nach dem Duschen mit Einseifen durch drei knackige Haushälterinnen ging’s erstmal auf den Golfplatz. Es mußte ja sein Handicap verbessert werden. Die Alte von seinem Chef sollte schließlich keinen Looser beim täglichen Kurzbesuch vor sich haben. Die Mittagspause bereitete ihm etwas Streß, da auf vier Stunden beschränkt. Schließlich war noch etwas Arbeit angesagt. Dazu muß man wissen, daß es auch in der Hölle nix für ummi gibt. Aber als erfolgreicher Werbetexter war das für ihn kein Problem und innerhalb zehn Minuten erledigt und innert Minuten mit einer Mio. € honoriert. Das genialste, was ihm einfallen konnte, war die Botschaft aller Botschaften an den Geistverbraucher. Seine Schule machte es möglich. Ohne das große Latrinum und Philosophie-Crashkurse wäre er nie auf die Idee gekommen, den genialsten Spruch aller Weisheiten zu texten.
„Ich bin doch nicht blöd, also kauf mich“.
Das war der Durchbruch für die Pilgerstätte aller vereinten Religionen, Media genannt, die den Markt und die Welt eroberte. Das läßt man sich gerne etwas kosten. Die Abende waren eigentlich wie immer. Treffpunkt im Café Ludwig. Manchmal etwas langweilig. Meistens nahm er neben einem Liter Kultgetränk Wodka (aus Solidargründen mit der westlichen Wertegemeinschaft natürlich nur den finnischen, da er den russischen aus verständlichen Gründe verschmähte) halb und halb gemischt mit Ludwig Bräu mit nach Hause. Aber zwei bis dreimal die Woche war halligalli im Bettchen angesagt. Die acht qm voller Leben. Aus bereits besagten Gründen hier nicht weiter beäugt. Was für ein tolles Leben hier, dachte er und beschloß, dazubleiben. Das einzige, das ihn in Rage brachte, war, daß sein Lieblings-Ferrari seit zwei Tagen in der Werkstatt stand. Servicewüste auch in der Hölle, dachte er. Damit das besser wird, muß ein neuer Werbespruch her. Dem Oberteufel drückte er tiefste Dankbarkeit für das wahre Paradies aus., mit dem er bereits per du war. Nach der ersten Nacht war er Feuer und Flamme für dieses Paradies das er auf der Erde sich bereits erträumte – Geld wie Heu, Ferrari, Faulenzen ohne Ende und Weiber stets zu Diensten (Anm.: natürlich nur um den Haushalt zu pflegen.)
Dort bleibe ich, teilte er Petrus mit, wie versprochen während seinem kurzen Ausflug in den Himmel. „Na, dann ist ja alles gut“, meinte Petrus gelangweilt.
Wieder vor der Hölle angekommen, war kein vergoldetes Eingangstor mit rotem Teppich weit und breit in Sicht. Nur große Mauern, wie wir sie von den Zuchthäusern kennen. Nach einiger Zeit fand er ein kleines unscheinbares Tor mit einem Namenschild ‚Hölle‘. Klingelte und es öffnete sich. Eine riesige Pranke zerrte ihn am Hals hinein. Todesangst durchfuhr ihn. Das, was er dort vorfand, lies ihn fast zu Tode erstarren. Möchte dem Leser den Anblick und die Beschreibung ersparen. Die ist um Klassen fürchterlicher als sie der gläubigste Katholik sich vorstellen kann.
Gequält, zerschunden am ganzen Körper, mit Ketten an Händen und Füßen, sah er den Oberteufel fröhlich pfeifend mit zwei knackigen Blondinen an ihm vorbeischlendern. „He, Oberteufel, liegt da ein Irrtum vor? Ich wollte in der Hölle leben und nicht als Sklave hier verrecken.“ –
„Das ist die Hölle, lieber Erdenfreund – deine selbstgeschaffene Bestimmung. Wo du vor kurzem warst, ist unsere Werbeabteilung.“
1872 hatten die Anarchisten die Erste Internationale Arbeiterbewegung verlassen. Es war offensichtlich daß sie von den Kommunisten unterwandert werden sollten. Es kam zum Disput mit den Marxisten unter Vorsitz von Karl Marx. Marx sprach vom Führungsanspruch der Kommunisten.
Es scheint stets das gleiche Spiel wenn sich Menschen von den bisherigen Machthabern lösen wollen. Als erstes werden sie belächelt, dann unterwandert und wenn das nicht hilft, bekämpft.
Danach trafen sie sich mit Michail Bakunin, Errico Malatesta und den Schweizer Uhrmacher Adhémar Schwitzguébel in Saint-Imier und riefen die „Antiautoritäre Internationale“ aus. Der Kongress gilt als Geburtsstunde des Anarchismus.
Anarchie
Immer geschmäht, verflucht – verstanden nie, Bist du das Schreckbild dieser Zeit geworden… Auflösung aller Ordnung, rufen sie Seiest du und Kampf und nimmerendend Morden. O laß sie schreien! – ihnen, die nie begehrt, Die Wahrheit hinter einem Wort zu finden, Ist auch des Wortes rechter Sinn verwehrt. Sie werden Blinde bleiben unter Blinden. Du aber, Wort, so klar, so stark, so rein, Das Alles sagt, wonach ich ruhlos trachte Ich gebe dich der Zukunft! – Sie ist dein, Wenn jeder endlich zu sich selbst erwachte. Kommt sie im Sonnenblick? – Im Sturmgebrüll? – Ich weiß es nicht, doch sie erscheint auf Erden! – „Ich bin ein Anarchist!“ – „Warum?“ – „Ich will Nicht herrschen, aber auch beherrscht nicht werden!“
Putin zeigt die Vereinbarung mit der Ukraine, die im März 2022 in Istanbul beidseitig paraphiert wurde, auf einem Gipfel in Süd-Afrika. Boris Johnson überredete Selensky kurz darauf den Vertrag nicht zu ratifizieren.
Grundlagen
Seit Zerfall der UdSSR und dem Gipfel von Malta im Dezember 1989, wird der Westen nicht von Russland bedroht, sondern der Westen bedroht seither die Existenz Russlands, und mit immer stärkerer Intensität. – vorangetrieben von den USA mit Hilfe der NATO. Ein Irrtum mit fatalen Folgen.
Amerikas Gebrauch europäischer Nato-Staaten, besonders ihrer östlichen Mitglieder, zur Bedrohung Russlands hat zur Folge, dass ein Überschreiten der finalen ‚Rote Linie‘ Putins immer wahrscheinlicher wird. In Malta vereinbarten GHW Bush und Gorbatschow weitere Abrüstungskontrollen und – Angesichts einer Wiedervereinigung Deutschlands – Zurückhaltung bei Bündnisbeitritten ehemaliger UdSSR-Republiken.
Die überwiegend russischen Einwohner des östlichen Donbas wurden schon vor 2014 als Bürger 2. Klasse massiv unterdrückt, von ukrainischen Faschisten systematisch misshandelt und ermordet…